Als NLP Coach werde ich oft gefragt, was überhaupt NLP ist und was es bedeutet mit „inneren Anteilen“ zu arbeiten. Tatsächlich berührt mich die Arbeit mit „inneren Anteilen“ sehr, da man auf diese Weise ganz einfach mit sich selbst in Kontakt kommen kann. Oft führt diese Art von innerer Arbeit auch zu einer Versöhnung mit sich selbst und man kommt wieder mehr mit sich ins Reine.

 

Reisen nach innen

Als Coach begleite ich Menschen dabei, von einem belastenden Ausgangszustand an ein schönes, besseres Ziel zu gelangen. Das ist so ähnlich wie früher, als ich noch Flugbegleiterin war. Da habe ich es auch geliebt weite Reisen zu machen und Menschen dabei zu begleiten von ihrem Ausgangsort an ihren Zielort zu reisen. Irgendwann habe ich NLP kennengelernt. Seitdem reise und begleite ich Menschen am liebsten auf Reisen nach innen, also ohne Flugzeug und ganz umweltfreundlich sozusagen. In unserem Innersten gibt es so unglaublich viele Reiseziele, das hätte ich mir niemals träumen lassen.

Wenn du Lust hast, erzähle ich dir von einer meiner letzten „Reisen“. Doch bevor es losgeht, möchte ich dir noch ein paar wichtige Informationen zur Reisevorbereitung geben – für den Fall, dass du NLP noch nicht so gut kennst:

 

Innere Anteile

Wie auch in den fernen Ländern, die ich früher bereist habe, gibt es auf den Reisen in unser Inneres die Möglichkeit unterschiedlichen Menschen, Tieren und interessanten Wesen zu begegnen – sogenannten inneren Anteilen. Das ist zwar nur ein Modell, welches NLP von der Familientherapeutin Virginia Satir, dem Gestalttherapeuten Fritz Perls und dem Hypnotherapeuten Milton. Erickson übernommen hat – aber ein sehr nützliches! Das Modell geht davon aus, dass wir aus zahlreichen Persönlichkeitsanteilen bestehen, die alle nur das Beste für unsere Gesamtpersönlichkeit im Sinn haben. Ein ganzes inneres Team, das für uns arbeitet, sozusagen!

Wie bei allen Teams, gibt es auch in uns beliebte und unbeliebte Mitstreiter, einige kennt man sehr gut, andere wenig oder gar nicht. Mit einigen will man vielleicht sogar gar nichts zu tun haben. So sind z. B. die inneren Anteile, die für Spaß, positive Ausstrahlung oder Kreativität zuständig sind meistens beliebter als die Anteile, die etwa für kindliche Wut, Eifersucht oder Hilflosigkeit zuständig sind. Vor allem Ängste finden wir meist nicht so toll.

Wenn wir allerdings beginnen unsere Anteile kennenzulernen und in einen guten Kontakt mit ihnen kommen – dazu ist eine vertrauensvolle Begleitung hilfreich – können nicht nur neue, bessere Verhaltensweisen für die Anteile gefunden werden, sondern auch Transformationsprozesse stattfinden. Je liebevoller wir mit unseren inneren Anteilen umgehen, desto besser ist die Stimmung im Team – also in uns – und desto mehr können unsere Werte gelebt, Ziele erreicht und ein Leben geführt werden, das in sich stimmig ist.

Ich glaube, jetzt kann ich dir davon erzählen, als ich kürzlich jemanden begleitet habe, einem wichtigen inneren Anteil zu begegnen. Schließe einfach deinen Sitzgurt, klappe dein Tischchen hoch und dann kann es auch schon losgehen.

 

Start

An dem Ort, wo die Reise beginnt, kann mein Passagier (nennen wir ihn Robert) nahe stehenden Personen nicht sagen, was er in seinem Innersten für wahr hält. Er würde so gern öfter das sagen, was er gerade denkt, kann er aber nicht. „Mein inneres Team zieht nicht an einem Strang!“, sagt er und freut sich trotz der großen Belastung schon auf sein Reiseziel, wo er mehr und mehr er selbst sein wird und mühelos zu sich stehen kann.

Robert schließt seine Augen und beginnt sich zu entspannen, während seine Atmung langsamer wird und die Reise beginnt…

Sie beginnt genau dort, wo er auf denjenigen inneren Anteil trifft, der mit den anderen nicht an einem Strang zieht. Robert hält inne. Er verzerrt sein Gesicht, weil er den Anteil ganz und gar nicht toll findet. Ein verwahrloster, verschreckter und zerlumpter kleiner Junge steht vor ihm auf einem vertrockneten Feld im Regen und kehrt ihm den Rücken zu. Er ist total verstört und ganz alleine. Es dauert eine Weile, bis Robert in einen wertschätzenden Kontakt mit ihm gehen kann. Er bemerkt, dass der kleine Junge hilfsbedürftig ist und etwas braucht, das Robert ihm geben kann. Robert möchte zwar nicht wahrhaben, dass dies ein Anteil von ihm sein sollte, aber er nimmt nun doch seinen Mut zusammen und begrüßt ihn: „Hallo, ich bin Robert und würde dich gern kennenlernen.“

 

Versöhnung mit dem inneren Anteil

Der innere Anteil ist wie erstarrt und spricht nicht. Nur mit viel Zuwendung und freundlichen Worten, schafft Robert es, dass der Kleine beginnt sich zu öffnen. Er spricht mit ganz leiser, verschreckter Stimme: „Ich wünsche mir nichts sehnlicher als Liebe, Geborgenheit und gesehen zu werden. Ich bin nicht liebenswert so, wie ich bin. Ich sage das, was die anderen hören wollen, damit sie mich liebhaben.“

Auf meine Anregung hin fragt Robert den kleinen Jungen, wie alt er ist und wann er als innerer Anteil entstanden ist. Roberts Gesicht verändert sich schlagartig. Unter seinen geschlossenen Augenlidern sehe ich Tränen auftauchen. „Der kleine Junge bin ich! Ich bin 3 Jahre alt und wir sind gerade von zu Hause weggezogen. Ich musste in den neuen Kindergarten und kannte niemanden! Und ich konnte mich nicht verständigen, alle Kinder hatten so einen anderen Dialekt. Ich war der Fremde, der nicht dazu gehörte. Ich war so anders, ich war allein und komplett ausgegrenzt.“

Robert beobachtet die Situation von damals und fragt sein junges Ich nun, was es bräuchte, um GUT durch die Situation zu kommen. Und genau das, was der kleine Junge am allermeisten braucht, sendet Robert ihm: all die Liebe, Fürsorge, Geborgenheit und ein Gefühl von OK Sein. Robert schenkt ihm so viel davon und tut dies so lange, bis der Kleine richtig aufgeladen ist.

Ich leite Robert an, sich nun an den Zeitpunkt zu begeben, bevor der Kleine in den Kindergarten geht und sich als großer Robert aus der Zukunft bei ihm vorzustellen. Er soll den Kleinen durch die gleich folgende unangenehme Situation begleiten. Der Kleine hat jetzt sehr großes Vertrauen zum Großen und durch den Rückhalt des Großen erlebt der Kleine die Situation nun völlig neu und anders. Ich unterstütze Robert: „…und nimm mal wahr, wie du immer für den Kleinen da sein wirst und lass es ihn spüren; ihr beide gehört zusammen und er wird niemals alleine sein, mache ihm bewusst, dass euch von nun an nichts mehr trennen kann!“

Robert ist sichtlich gerührt und dankbar, die Träne kullert nun seine Wange entlang. Er sieht sehr friedlich aus und kann offensichtlich noch gar nicht so richtig zuordnen, wie es ihm gerade geht. Alles hat sich verändert. Dem Kleinen geht es jetzt gut.

 

Veränderung

Mit einem tiefen Atemzug integriert er seine transformierten Erlebnisse und „landet“ sehr friedlich und zuversichtlich im hier & jetzt. Der Flug war intensiv und versöhnlich und er wird noch lange an diesen Flug zurückdenken. Vor allem, wenn er das nächste Mal einer nahe stehenden Person liebevoll und klar das sagt, was seine innere Wahrheit ist. Robert kann sich besser annehmen und spürt deutlich, dass er ab heute nicht mehr alleine sein wird – er wird mehr und mehr für sich selbst da sein als je zuvor. Ich bin gespannt, wie die Reise für ihn weitergeht….

…und freue mich – und das macht meinen Job als Coach wirklich viel besser als den als Flugbegleiterin – als ich nach einigen Wochen eine euphorische Stimme auf meiner Mailbox höre: „Marion! Ich wollte dir von Herzen für dein Coaching danken! Das ist ein ganz anderes Lebensgefühl! Ich fühle mich total entschleunigt und kann so viel besser bei mir bleiben. Ich fühle mich gerade richtig okay genau so, wie ich bin!“