In diesem Beitrag gehe ich auf einen der erfolgreichsten Faktoren einer glücklichen Beziehung ein. Einige Aspekte davon werdet ihr vielleicht wiedererkennen und andere können euch helfen, noch mehr zum Beziehungs-Profi zu werden, oder sogar anderen auf dem Weg dorthin zu helfen. Es gibt nämlich einen signifikanten Unterschied im Umgang mit Konflikten zwischen erfolgreichen und harmonischen Langzeit-Paaren und solchen, die viel streiten oder sich gar trennen: das „Wir-Gefühl“.
Harmonische Paare haben es meist gelernt, auch in schwierigen Situationen wie Meinungsverschiedenheiten oder sogar im Streit dieses Wir-Gefühl nicht zu verlieren. Die Auswirkung ist, dass sie wesentlich konstruktiver, lösungsorientierter und auch erfolgreicher den Konflikt angehen oder lösen können. Und selbst wenn es gerade noch keine Lösung gibt, können solche Paare besser Akzeptanz entwickeln, Geduld in der Suche nach einer Lösung, und vor allem haben sie automatisch einen wertschätzenden und liebevolleren Umgang miteinander.
Doch was genau ist denn dieses „Wir-Gefühl“?
Nun, in sehr emotionalen Konflikten hat der einzelne Partner meist Ohnmachtsgefühle, weil man ja das Problem anscheinend nicht ohne die Mithilfe des Partners lösen kann. Man denkt dann vielleicht: „Wenn er sich doch nur ändern würde!“ Sei es in seiner Meinung, seinem Verhalten, seinen Entscheidungen oder Ähnlichem. Das haben wir vermutlich schon alle mehrfach erlebt. Dazu kommt noch eine hohe Wichtigkeit, dass sich an dem Thema etwas ändern soll. Denn ohne diese Wichtigkeit wäre es für uns ja kein großes Problem. Der Konflikt steht also offensichtlich einer schönen Beziehung im Weg!
Zu diesen „Zutaten“ des Konfliktes kommt außer einer emotionalen Wichtigkeit meist noch dazu, dass es uns zu schwierig erscheint, selbst das Thema zu ändern oder durch eine eigene Verhaltensänderung den Konflikt zu lösen. Oder man fühlt sich mit der eigenen Einstellung schlicht im Recht. Also ist es doch ganz einfach: „Der Partner soll sich ändern!“ Und genau hier entsteht – bewusst oder unbewusst – die ungünstige Sichtweise, die da lautet: „Der Partner ist das Problem!“ Denn es erscheint ja logisch, wenn der Partner sein Verhalten nach unserem Wunsch ändern würde, hätten wir beide das Problem gar nicht! Das Problem wird also sozusagen in den Partner hineinprojiziert. Und wenn beide Seiten das so machen, „kämpft“ man automatisch gegeneinander. Obwohl paradoxerweise meist beide Parteien eine schöne Beziehung anstreben.
Und genau hier machen erfolgreiche und erfahrene Paare etwas ganz Entscheidendes anders: Sie nehmen eine ganz andere Sichtweise zu diesem Konflikt ein.
Denn für sie ist – bewusst & unbewusst – der Konflikt das wahre Problem und nicht der Partner!
Oder um es in NLP-Sprache zu erklären: Sie betrachten den Konflikt und die beiden Parteien dabei quasi von außen, aus einer anderen inneren Wahrnehmungs-Position heraus. Man sieht also wie ein Beobachter einen Film oder ein Bild, in dem beide Partner gerade einen Konflikt austragen. Man selbst ist aber der außenstehende Beobachter und hat deshalb gerade emotionalen Abstand zum Konflikt. Dadurch ist man nicht mehr im eigenen Sinnes-Erleben gefangen („assoziiert“), sondern betrachtet das ganze Wechselspiel von außen („dissoziiert“), und kann so den Konflikt an sich oder das Wechselspiel beider Parteien als das Problem identifizieren, ohne dabei die „Schuld“ einer der Konflikt-Parteien zuzuschreiben.
Diese Einstellung oder Sichtweise erlaubt es dann, sozusagen Hand in Hand (also im Wir-Gefühl) zu überlegen, was man gemeinsam gegen den Konflikt oder das Beziehungs-Problem unternehmen könnte. Das erzeugt ein ganz anderes Gefühl und Erleben! Es ist plötzlich nicht mehr nötig, Druck auf das Gegenüber auszuüben, emotional zu werden, sich gegenseitig zu verletzen oder auch nur, sich allein gelassen zu fühlen. Man empfindet sich mehr als Team. Man hat ja einen Partner, mit dem man gemeinsam nach einer Lösung suchen kann. Der Konflikt wird zu einer Herausforderung, an der beide arbeiten möchten. Dass dies viel bessere Erfolgs-Aussichten hat als ein Streit, liegt auf der Hand.
Und wie genau entsteht solch ein Wir-Gefühl?
Zunächst einmal schon dadurch, dass man zusammen sein möchte. In dem Moment, in dem wir uns beispielsweise als Paar, als eine Partnerschaft definieren, entwickeln wir automatisch ein Wir-Gefühl. Und das genießen wir dann auch gerne. „Wir wollen zusammen sein.“, ‚Wir wollen eine schöne gemeinsame Beziehung‘, wir lieben es, in den Bergen wandern zu gehen!“, etc.
Gemeinsame schöne Erlebnisse wie ein besonders romantisches Essen, körperliche Nähe beim Kuscheln, gemeinsame Ziele und gemeinsame Wertvorstellungen verstärken dieses Wir-Gefühl in Beziehungen immer mehr. Vor allem, wenn man seine Wahrnehmung beim Beurteilen der gemeinsamen Beziehung gezielt auf alles richtet, was gut zusammenpasst, statt auf die Unterschiede. Man kann also in Beziehungen sehr viel tun, um das Wir-Gefühl miteinander zu verstärken. Dazu gibt es jede Menge Ratgeber oder Zeitschriften-Artikel.
Die große Kunst in dauerhaft erfolgreichen Beziehungen ist aber jetzt, dieses Wir-Gefühl nicht aufzugeben, wenn es mal schwierig wird.
Dabei hilft vielen Partnern, sich bewusst machen, dass an Konflikten in Beziehungen nicht automatisch jemand „schuld“ ist.
Jeder Mensch ist nämlich außerordentlich komplex: Wir haben viele Werte, die uns wichtig sind, mehrere Ziele, die wir verfolgen, Eigenheiten in unserem Verhalten, unterschiedliche Prägungen und Erfahrungen in unserer Kindheit und unserem bisherigen Leben, und sogar eine unterschiedliche Sprache der Liebe: Der eine zeigt seine Liebe vielleicht ganz direkt durch Umarmungen oder in den Worten „Ich liebe dich!“, und der andere eher durch Taten, wie z.B. das Fahrrad des Partners zu reparieren. Und nicht jeder Partner würde darin gleich einen romantischen Liebens-Beweis erkennen!
Dazu kommt noch, dass wir, wie auch im NLP bekannt, auf verschiedene Sinnesorgane unterschiedlich oft oder stark reagieren: Der eine kann gut körperlich-kinästhetisch spüren, dass eine Umarmung liebevoll ist, der nächste reagiert eher auditiv auf geflüsterte Liebesworte stark berührt, und ein anderer reagiert vielleicht beim visuellen Anblick eines besonders liebevollen Lächelns schneller mit dem Gefühl, gerade geliebt zu werden. Um nur mal 3 unserer wichtigen Sinnessysteme zu nennen.
Dies und noch einige andere Ebenen in uns machen uns also zu ziemlich komplexen Wesen. In einer beginnenden Beziehung prallen also zwei komplexe Universen aufeinander. Kein Wunder, dass es dann an einigen Stellen schwierig wird oder Konflikte entstehen! Dazu gibt es ja jede Menge potenzielle Reibungsflächen.
Und dafür kann keiner der beiden etwas. Es ist also niemandes „Schuld“, wenn es ein Problem gibt. Und oft geben beide Parteien bereits ihr Bestes im Rahmen ihrer bisherigen Möglichkeiten.
Wir sind auf manchen Ebenen sehr unterschiedlich. Diese Unterschiedlichkeit ist an sich wertfrei, aber manchmal verursacht sie Konflikte.
Die Unterschiedlichkeit oder den Partner zu bekämpfen ergibt deutlich weniger Sinn, als den Konflikt zu beenden und stattdessen ins Wir-Gefühl zu gehen.
Denn im Wir-Gefühl hat man nur eine gemeinsame Aufgabe, die es zu bewältigen gibt. Gemeinsame Aufgaben oder Ziele schweißen uns eher zusammen und verstärken die Verbundenheit zueinander. Deshalb kann ein Konflikt immer auch eine Chance zur Vertiefung der Beziehung sein. Das Wir-Gefühl ist oft der erste Schritt dazu.
Dann geht eher darum, Lösungen zu entwickeln, mit denen beide Partner glücklich sein können oder zumindest gut leben können. Und das wollen ja normalerweise beide Partner. Wer will schon nicht miteinander glücklich sein oder gut miteinander auskommen? Und genau diese Sichtweise auf Konflikte erlaubt uns weiterhin ein Wir-Gefühl. Selbst, wenn die Situation mal schwierig ist.
Gerade, wenn es schwierig ist, geht es viel besser miteinander als gegeneinander.
Glücklicherweise geht das mit etwas Übung immer einfacher.
Ich wünsche viel Erfolg beim Ausprobieren!
Im nächsten Blog-Artikel werde ich noch einige weitere Aspekte ausführen, die uns mit dem Wir-Gefühl helfen können.
In unserem Impuls-Abend im August werden Marion und ich neben anderen Faktoren einer glücklichen Beziehung auch noch einmal auf das Thema Wir-Gefühl zu sprechen kommen und dazu eine NLP-Übung vorstellen.
NLP-Lehrtrainer (DVNLP), Glückstrainer, Heilpraktiker
Stefan Mörder ist NLP-Lehrtrainer und einer der erfahrensten Glückstrainer in Deutschland.
Er arbeitet seit 14 Jahren als Coach und Trainer und führt auch eine Praxis als Heilpraktiker mit dem Schwerpunkt Osteopathie in München. Über viele Jahre hat er zahlreiche 30-tägige Coaching Ausbildungen nach Ella Kensington® geleitet.